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TEWI-Wert im Fokus: Mit Energieeffizienz zur Klimaneutralität

24. Februar 2023

Kälteanlagen und Wärmepumpen stehen hinsichtlich der Verursachung von Umweltbelastungen bereits seit einiger Zeit unter besonderer Beobachtung durch Umweltschutzorganisationen, Politik und Öffentlichkeit. Nicht zuletzt die geplante Novellierung und Verschärfung der F-Gase-Verordnung rückt die Treibhauswirkung der Kältemittel in den Fokus der Diskussion. Um Kältemaschinen und Wärmepumpen hinsichtlich ihrer Klimarelevanz beurteilen zu können, ist jedoch eine Ökobilanz mit Blick auf die gesamte Treibhauswirkung der Anlagen notwendig. Ein weit verbreiteter Ansatz zur ganzheitlichen ökologischen Bewertung ist der sogenannte TEWI-Wert.

Keine Frage, Klimaschutz geht alle an. Energieintensiven Industrien wie der Kälte- und Wärmebranche kommt auf dem Weg zur Klimaneutralität eine besondere Verantwortung zu. Hersteller:innen, Planer:innen und Betreiber:innen sind gleichermaßen gefordert, Emissionen zu minimieren und auf eine hohe  von Anlagen zu achten – ganz im Sinne des „Efficiency first“-Prinzips, einem wichtigen Grundpfeiler der Energiewende. Denn am saubersten und günstigsten ist die Kilowattstunde, welche gar nicht erst erzeugt werden muss. Im Fokus der Öffentlichkeit stehen bezüglich der Klimarelevanz von Kälteanlagen und Wärmepumpen aktuell jedoch insbesondere die Kältemittel und die von ihnen verursachten Treibhausgasemissionen. Betrachtet wird dabei der Global Warming Potential (GWP)-Wert, der auf der Treibhauswirkung von CO2 basiert, dessen GWP definitionsgemäß 1 beträgt. Je höher der GWP-Wert ausfällt, desto treibhausfördernder gilt eine Substanz. Um die ambitionierten Klimaziele der Europäischen Union zu erreichen und einen Beitrag zur Reduzierung der Emissionen des Industriesektors bis zum Jahre 2030 zu leisten, sollen in den nächsten Jahren Kältemittel mit hohem GWP-Wert sukzessive am Markt verknappt (sogenanntes „Phase down“) sowie teilweise komplett vom Markt genommen (sogenanntes „Phase out“) werden. Durch die Verbote und die künstliche Verknappung soll die Verwendung von Kältemitteln mit niedrigem GWP angeregt werden. Maßgebend sind die regulatorischen Vorgaben durch die Verordnung (EU) Nr. 517/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. April 2014 über fluorierte Treibhausgase, auch bekannt als F-Gase-Verordnung. Aktuell rückt deren geplante Novellierung und Verschärfung die treibhausgasrelevanten Emissionen von Kältemaschinen in Bezug auf die genutzten Kältemittel noch stärker in den Fokus. Doch reicht diese Sichtweise aus, um die Klimarelevanz von Kältemaschinen und Wärmepumpen zu beurteilen?

 

TEWI-Wert: Direkte und indirekte Emissionen im Blick

Roman Steddin, Produktmanager bei ENGIE Refrigeration, meint dazu: „Der GWP-Wert ist heute ein sinnvoller erster Schritt, wenn es um das Treibhauspotential von Anlagen geht. Allerdings bewertet dieser ausschließlich das Kältemittel und damit die direkten Emissionen der Anlage. Die ausschließliche Betrachtung des GWP-Werts der Kältemittel zur ökologischen Beurteilung der Anlage greift daher zu kurz. Um Kältemaschinen und Wärmepumpen tatsächlich hinsichtlich ihrer Klimarelevanz beurteilen zu können, ist eine ganzheitliche Ökobilanz der Maschine sinnvoll, die neben den direkten Emissionen auch die indirekte Treibhausgaswirkung in den Blick nimmt.“ Ein entsprechender fachlicher und in der Praxis bewährter Ansatz ist der TEWI (Total Equivalent Warming Impact)-Wert: Auch dieser berücksichtigt das direkte Treibhauspotential des Kältemittels, das während des Betriebs, bei Wartung und bei Entsorgung über Leckage- und Recyclingverluste in die Atmosphäre entweicht. Darüber hinaus zieht er jedoch den indirekten Anteil an treibhauswirksamem CO2 in die Betrachtung ein, das für die Stromerzeugung zum Antrieb des Verdichters ausgestoßen wird. Denn es macht bezüglich der Gesamtemissionen der Anlage einen gewaltigen Unterschied, ob der Strom für den Verdichter aus einem Kohlekraftwerk oder aus erneuerbaren Energien kommt, und wie hoch der Energieverbrauch und damit die Energieeffizienz der Anlage ist.

Berechnet wird der TEWI-Wert gemäß DIN EN 378-1 wie folgt:

Mit dem TEWI-Wert die umweltrelevante Effizienz bewerten

Wenn der Strom für den Antrieb des Verdichters aus dem aktuellen deutschen Strommix mit einem über das Jahr gemittelten Emissionsfaktor (β) von ~480 gCO2eq/kWhel (Stand: 2022) bezogen wird, spielen beim TEWI-Wert die indirekten Emissionen und damit die Energieeffizienz einer Anlage die entscheidende Rolle. Eine Grenze dieser Berechnung liegt zwar darin, dass das absolute Resultat stark von Randparametern wie Klimazone, Betriebszeit, Lastprofil und Servicehäufigkeit der untersuchten Anlagen abhängt. Allerdings sieht Roman Steddin an anderer Stelle einen riesigen Mehrwert: „Viel wichtiger als die Bewertung des absoluten Ergebnisses ist es, dass der TEWI-Wert Auskunft über das Verhältnis der direkten und indirekten Emissionen einer Anlage gibt. Auf dieser Basis können wirkungsvolle Maßnahmen abgeleitet werden, die den tatsächlichen Einfluss einer Kältemaschine oder einer Wärmepumpe auf den Treibhauseffekt abschwächen.“ Werden bei Anlagen mit unterschiedlichen Kältemitteln und unterschiedlicher Effizienz dieselben Randparameter eingesetzt, lassen sich mithilfe des TEWI-Ansatzes zudem die Gesamt-Umweltaspekte der Anlagen miteinander vergleichen. Denn es gibt nach wie vor nicht das perfekte Kältemittel für jede Anwendung. Vielmehr muss für jede Anwendung die optimale Lösung erarbeitet werden. Die TEWI-Betrachtung ist auch für konventionelle Wärmeerzeuger möglich, sodass die CO2-Emissionen einbezogen werden können, die durch den Ersatz von Gas- oder Ölkesseln durch eine Wärmepumpe vermieden werden. Das macht den TEWI-Wert zu einer wichtigen Entscheidungsgrundlage für alle Planer:innen von entsprechenden Anlagen.

 

Energieeffizienz schlägt GWP-Wert

Ein TEWI-Rechenbeispiel der neuen Spectrum Water Kältemaschine mit hocheffizienten, ölfreien Turboverdichtern, dem Low-GWP-Kältemittel R-1234ze und 520 kW nominaler Kälteleistung im Vergleich zu am Markt verfügbaren Kälteanlagen der gleichen Leistungsklasse verdeutlicht dies: Die Berechnungen wurden anhand des SEPR-MT-Standardlastprofil nach VO (EU) 2015/1095 durchgeführt. Wird der benötigte Strom aus dem deutschen Strommix bezogen, machen die indirekten Emissionen und damit die Anlageneffizienz mehr als 99 Prozent der Gesamtemissionen der untersuchten Anlagen aus. Hingegen kommen bei natürlichen und Low-GWP-Kältemitteln unter der Annahme eines „auf Dauer technisch dichten“ Designs mit Leckageraten von maximal einem Prozent der Füllmenge pro Jahr die direkten Emissionen auf einen Anteil von weniger als einem Prozent an den jährlichen Gesamtemissionen. Selbst bei Kältemitteln mit einem vergleichsweise hohen GWP-Wert wie R-134a (GWP: 1.430 kgCO2eq/kg) liegt der direkte Anteil aus Leckage- und Rückgewinnungsverlusten lediglich bei 2,5 Prozent der Gesamtemissionen. „Nicht die Anlage, die das Kältemittel mit dem geringsten GWP-Wert einsetzt, weist in der aufgezeigten Untersuchung die geringsten Gesamtemissionen auf. Sondern die Anlage mit der höchsten saisonalen Energieeffizienz. In diesem Beispiel ist das unsere SPECTRUM Water Kältemaschine“, erläutert Roman Steddin.

 

TEWI-Wert legt CO2-Einsparungen offen

Über eine Betriebsdauer von 20 Jahren können durch die hohe Energieeffizienz und im Vergleich zu anderen am Markt verfügbaren Anlagen der gleichen Leistungsklasse ordentliche CO2-Einsparungen erzielt werden – auch gegenüber Anlagen mit natürlichen Kältemitteln wie Propan (R-290) oder Ammoniak (R-717). Erreicht eine Vergleichsanlage gerade so die Ökodesign-Mindesteffizienzanforderungen nach VO (EU) 2015/1095 (SEPR-MT: 3,93), können im TEWI-Vergleich durch die SPECTRUM Water Kältemaschine über 20 Jahre rund 980 Tonnen CO2 eingespart werden; das entspricht dem CO2-Ausstoß von 345 Benzinern bei 20.000 km Fahrleistung im Jahr. Daraus lässt sich unter anderem schlussfolgern, dass Kältemittel mit niedrigem GWP-Wert und von natürlicher Herkunft aus klimatechnischer Sicht nicht sinnvoll sind, wenn sie in einer ineffizienten Lösung mit hohem Energieverbrauch eingesetzt werden: „Die Effizienz und damit die indirekten Emissionen machen den Großteil der Gesamtemissionen aus. Neben dem Ausbau der erneuerbaren Energien legt deshalb hier nach heutigem Stand die wichtigste Stellschraube auf dem Weg zur Klimaneutralität.“

Klimafreundlich: ENGIE Refrigeration kann Energieeffizienz

ENGIE Refrigeration legt seit Jahren einen Fokus auf die Energieeffizienz ihrer Produkte – und setzt immer wieder neue Standards auf dem internationalen Markt. So gehört die QUANTUM Water Kältemaschine seit ihrer Einführung im Juni 2021 zu den effizientesten wassergekühlten Kältemaschinen am Markt. Und auch die im März 2022 gelaunchte SPECTRUM Water Wärmepumpe punktet mit einer sehr hohen Energieeffizienz und folglich einer äußerst geringen Gesamt-Ökobilanz. Daneben führen wir auch Maschinen mit natürlichem Kältemittel im Portfolio, wie die thermeco2-Hochtemperatur-Wärmepumpe mit dem natürlichen Kältemittel CO2 (R-744). Dazu sagt Roman Steddin: „Auf lange Sicht wird der GWP-Wert des Kältemittels bei der TEWI-Berechnung eine immer größer werdende Bedeutung einnehmen; unter der Voraussetzung, dass der Strom zum Antrieb des Verdichters vollständig aus regenerativen Energien kommt. Dann würden sich die spezifischen Emissionen des Strombezugs an 0 g CO2eq/kWh annähern und damit die indirekten Emissionen der Anlage immer weiter abnehmen. Darum findet bei uns verstärkt ein Wandel hin zu Low-GWP- und natürlichen Kältemitteln in unseren Anlagen statt.“ Aktuell wird der Strommix in Deutschland jedoch noch zu einem Großteil von Kohlekraftwerken mit sehr hohen spezifischen CO2-Emissionen (~1.100 g CO2eq/kWhel) bestimmt. Photovoltaik und Windkraft sind stark volatil und spielen an windstillen beziehungsweise bewölkten Tagen kaum eine Rolle im deutschen Strommix. Aus diesem Grund ist „Efficiency first“ zusätzlich zum Ausbau der erneuerbaren Energien zur Stromerzeugung die wichtigste Prämisse der Stunde – und der TEWI-Wert ein sinnvolles Mittel für alle Anwender:innen, um die Klimarelevanz ihrer Kältemaschinen und Wärmepumpen ganzheitlich zu bewerten.

 

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