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Kältemittel mit Zukunft: Dank ENGIE Refrigeration die F-Gase-Verordnung nachhaltig meistern

01. März 2024

Bis 2030 strebt die Europäische Union an, die Emissionen fluorierter Treibhausgase um 70 Millionen Tonnen CO2-Äquivalent auf 35 Millionen Tonnen CO2-Äquivalent gegenüber 1990 zu verringern. Einen zentralen Beitrag dazu leistet die F-Gase-Verordnung, die einen Anreiz zur Verwendung von alternativen Kältemitteln schafft und von Verantwortlichen damit neue Handlungsstrategien für die Kälte- und Wärmeversorgung von morgen einfordert. Jörn Stiegelmeier, Leiter Technologie und Entwicklung bei ENGIE Refrigeration, kennt die Gesetzeslage nicht zuletzt durch seine Verbandstätigkeit beim Bundesindustrieverband Technische Gebäudeausrüstung e. V. (BTGA) sehr gut, und zeigt zukunftssichere Perspektiven auf.

Herr Stiegelmeier, die neue F-Gase-Verordnung ist in der Industrie in aller Munde. Können Sie die wichtigsten Meilensteine der Novellierung für unsere Leser:innen zusammenfassen?

Jörn Stiegelmeier: Vorab möchte ich betonen: Unsere Kunden:innen haben trotz der veränderten Gesetzeslage keinen Grund zur Sorge um ihre Kältemaschinen und Wärmepumpen sowie die dafür benötigten Kältemittel. Dennoch ist es wichtig, die Hintergründe genauer zu verstehen: Ursprünglich sollte der erste Entwurf der F-Gase-Verordnung in der Europäischen Union bis 2030 gelten. Aufgrund des Montreal-Protokolls, der Erderwärmung und weiterer umweltpolitischer Faktoren war eine Verschärfung der Verordnung jedoch unumgänglich. Auf die Ausgestaltung des neuen Entwurfs wirkten im Laufe des Jahres 2022 neben den Gremien zahlreiche Verbände ein – stets mit dem Ziel vor Augen, Millionen Tonnen an CO2 einzusparen. Anders als der erste Entwurf sollte die neue F-Gase-Verordnung dabei Medical Dosimeter (MDIs), beispielsweise Asthmasprays, miteinbeziehen. Da diese allerdings einen enormen Anteil von circa zehn Millionen Tonnen CO2-Äquivalent an der Gesamtmenge ausmachen und damit einen größeren Bedarf aufweisen als in der stationären Kälte- und Klimatechnik im Jahr 2020, warnten mehrere Verbände vor einem CO2-Äquivalent-Minus in den Jahren 2026 oder 2027 und vor einem Mangel an Kältemittel. Deshalb wurde die F-Gase-Verordnung bis Oktober 2023 erneut überarbeitet. Sie wurde nun am 20. Februar 2024 im Europäischen Amtsblatt veröffentlicht und tritt 20 Tage später, also am 11. März 2024, in Kraft; ihre ersten Änderungen werden ab 1. Januar 2025 wirksam. Wichtig für unsere Kunden:innen: Die Vorgaben betreffen den Neuverkauf von Maschinen bis 2050.

Welche zentralen Änderungen kommen auf die Industrie zu?

Jörn Stiegelmeier: Um einen greifbaren Anreiz zur Reduktion von CO2-Emissionen zu schaffen, verpflichten sich Inverkehrbringer:innen durch die neue F-Gase-Verordnung dazu, drei Euro pro Tonne CO2-Äquivalent als Quotengebühr zu übernehmen. Da wir überwiegend Low-GWP-Kältemittel verwenden, ist dieser Bezug zu vernachlässigen. Was zudem speziell für unsere Branche von großer Bedeutung ist: Fluorierte Treibhausgase sind bis 2049 nutzbar, danach laufen sie aus. Recycelte Kältemittel kommen beim Service bis zu einem Global Warming Potential (GWP) von 2.500 ab 2026 in Frage; im Zeitraum davor ist über diesem GWP-Wert noch mehr möglich. Ab 2032 gilt im Service eine GWP-Grenze von 750, es sei denn das verwendete Kältemittel ist recycelt und wiederaufbereitet. Und: 2030 und 2040 planen die Verantwortlichen, die einzelnen in der F-Gase-Verordnung festgelegten Maßnahmen nochmals zu überprüfen. Ziel ist es, sicherzustellen, dass die Regelungen angemessen bleiben und für den Ausstieg nicht zu drastisch werden.

Und was bedeutet dies konkret für die Kältebranche?

Jörn Stiegelmeier: Das Kältemittel R-1234ze ist nun für die MDIs freigegeben und wird zum Beispiel vom internationalen Pharmakonzern AstraZeneca bereits im Asthmaspray eingesetzt. Deshalb werden das Treibhauspotenzial für die MDIs beziehungsweise das CO2-Äquivalent sehr schnell sinken, weil das bisherige Kältemittel R-134a in den Asthmasprays durch die Variante R-1234ze, die einen viel geringeren GWP aufweist, ersetzt wird. Für die Kältemittelbranche hat dies zur Folge, dass bis 2050 mehr CO2-Äquivalent für künstliche Kältemittel zur Verfügung steht. Generell ist übrigens zu sagen, dass sich die Kältemittel in den Asthmasprays deutlich stärker auf die Umwelt auswirken als jene, die in Kältemaschinen verwendet werden. Denn während unsere Maschinen als technisch dauerhaft dicht gelten, werden die Kältemittel in den Asthmasprays direkt dem menschlichen Körper zugeführt und in die Umgebung freigesetzt.

Was die Kältemittelbranche betrifft, betrifft automatisch die tägliche Arbeit von ENGIE Refrigeration. Wie wirkt sich die F-Gase-Verordnung hier aus?

Jörn Stiegelmeier: Das hängt vom GWP-Wert des Kältemittels und dem Leistungsbereich der Maschine ab. Liegt das Treibhauspotenzial über 750, darf ENGIE Refrigeration bis zum 31. Dezember 2026 bei Kaltwassersätzen über zwölf Kilowatt die Kältemittel R-134a, R-513A, R-515B und R-1234ze verwenden. Ab 1. Januar 2027 sind bei neuen Kaltwassersätzen über zwölf Kilowatt die Kältemittel R-513A, R-515B und R-1234ze bis 2050 die richtige Wahl. Bei erhöhten Sicherheitsanforderungen dürfen zudem Kältemittel mit höherem GWP eingesetzt werden. Hierbei ist bis zum 1. Januar 2026 bei allen Kaltwassersätzen ein GWP-Wert von 2.500 zugelassen – darunter fällt das Kältemittel R-134a.

Welche Konsequenzen zieht die Novellierung für das Produktportfolio von ENGIE Refrigeration nach sich?

Jörn Stiegelmeier: Glücklicherweise sind wir sowohl im Kälte- als auch im Wärmebereich flexibel und zukunftssicher aufgestellt, sodass wir die Neuerungen gemeinsam mit unseren Kunden:innen souverän meistern werden. Für unsere Kältemaschinen bedeutet die neue F-Gase-Verordnung lediglich, dass ab 31. Dezember 2026 das Kältemittel R-134a wegfällt. Ab 1. Januar 2027 bis Ende 2050 verwenden wir die von uns bereits seit Jahren eingesetzten hocheffizienten Kältemittel R-513A, R-515B und R-1234ze weiter. Generell empfehlen wir hier die Variante R-1234ze, da diese das geringste Treibhauspotenzial aufweist und damit einen nachhaltigen Unterschied auf dem Weg zur Klimaneutralität macht. Vor allen Dingen, weil wir es in einem ölfreien System verwenden, was noch weiter zur Energieeffizienz beiträgt.
Bei Wärmepumpen gestalten sich die Regelungen strenger. Hier wird nach drei Leistungsbereichen unterschieden: unter zwölf Kilowatt, zwölf bis 50 Kilowatt und über 50 Kilowatt. Besonders relevant für ENGIE Refrigeration ist der Leistungsbereich über 50 Kilowatt. Bei einem GWP-Wert über 150 ist für Wärmepumpen über 50 Kilowatt bis zum 31. Dezember 2029 der Einsatz der Kältemittel R-513A, R-515B und R-1234ze zulässig. Währenddessen erlaubt die F-Gase-Verordnung ab dem 1. Januar 2030 bei Wärmepumpen über 50 Kilowatt einen GWP von bis zu 150 und damit in unserem Fall ausschließlich die Nutzung des nachhaltigen Kältemittels R-1234ze. Bei erhöhten Sicherheitsauflagen können die Kältemittel R-513A oder R-515B mit einem GWP von bis zu 750 weiterverwendet werden.

Nehmen wir speziell die Serien QUANTUM und SPECTRUM in den Blick: Welche Kältemittel kommen hier laut F-Gase-Verordnung in Frage?

Jörn Stiegelmeier: Unsere neu entwickelten SPECTRUM-Modelle können aktuell mit R-513A, R515B und R-1234ze bestellt werden, ab dem 1. Januar 2030 ausschließlich mit R-1234ze. Zudem darf der QUANTUM laut F-Gase-Verordnung dann als Wärmepumpe in Betrieb sein, wenn wir diese gleich als Wärmepumpe auslegen beziehungsweise direkt das Kältemittel R-1234ze nutzen. Die gute Nachricht: Unsere Kunden:innen profitieren trotz Einschränkungen weiterhin von Maschinen, die sowohl Kälte als auch Wärme hocheffizient und ohne erhöhtes Risiko bereitstellen. Bei der Auslegung ist entscheidend, ob der Kaltwassersatz oder die Wärmepumpenfunktion über das Jahr hinweg führend zum Einsatz kommt. Unsere innovative Technologie Green Heat Recovery fällt übrigens in den Kältebereich, sodass diese nicht von den strengeren Regeln der F-Gase-Verordnung für Wärmepumpen betroffen ist.

Europaweit ist das Produktportfolio von ENGIE Refrigeration also für die Zukunft abgesichert. Wie sieht es mit dem internationalen Exportgeschäft aus?

Jörn Stiegelmeier: Die EU-Richtlinien der F-Gase-Verordnung gelten auch außerhalb der europäischen Grenzen: Möchte ENGIE Refrigeration Anlagen in einen anderen Kontinent exportieren, ist diese laut neuer F-Gase-Verordnung eine zweckgebundene Maschine und muss damit der F-Gase-Verordnung zum aktuellen Lieferzeitpunkt entsprechen. Als übergeordnetes Ziel streben die Verantwortlichen dabei an, auch Länder außerhalb der EU auf dem Weg zur Klimaneutralität zu unterstützen.

Zu guter Letzt: Wie bewerten Sie persönlich die neue F-Gase-Verordnung?

Jörn Stiegelmeier: Ich bin froh darüber, dass es den Verbänden gelungen ist, die Novellierung der F-Gase-Verordnung so mitzugestalten, dass zwischen Leistungsgrößen und Effizienz differenziert wird. Dadurch werden große Maschinen mit entsprechenden Kältemittelfüllmengen und hoher Leistungsfähigkeit bis 2050 weiterhin effizient und sicher mit künstlichen Kältemitteln arbeiten können. Durch die hohe Energieeffizienz unserer ölfreien Maschinen werden ebenfalls CO2-Äquivalent beim Strombedarf und Treibhauspotenzial eingespart. Das wird sehr deutlich, wenn der TEWI-Wert betrachtet wird, der die direkten und indirekten Treibhauspotenzial berücksichtigt. Zudem bestätigt uns die neue Gesetzeslage darin, dass es sich lohnt, das eigene Produktportfolio von Anfang an zukunftssicher auszurichten. Denn bei der Entwicklung unserer Kältemaschinen und Wärmepumpen steht nicht allein die Wahl des Kältemittels im Fokus. Ganz im Gegenteil: Wir achten bei jedem einzelnen Entwicklungsschritt darauf, unsere Anlagen maximal energieeffizient und absolut standhaft für die Kälte- und Wärmeindustrie von morgen zu gestalten. Unsere Maschinen sind technisch dauerhaft dicht ausgeführt, um jede Kältemittelentweichung zu vermeiden. Wie nun deutlich wird: Diese Strategie zahlt sich in jeglicher Hinsicht aus.

Lieber Herr Stiegelmeier, vielen Dank für die spannenden Einblicke!

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